Der Berg der Hoffnung und die Maus!

25.01.2015 17:39
Im April, 2013, verkündeten diverse Opferorganisationen via Medien keck und selbsbewusst, dass eine Entschädigung an die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen unter 2 Milliarden Schweizer Franken nicht akzeptiert würde. 
 
Die historische Wissenschaft schätzt, dass noch heute mindestens 20'000 Verdingkinder,  Heimkinder und andere Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen im Lande Schweiz leben. 
 
Jedes Opfer, so die Vertreter von Betroffenenorganisationen, habe Anspruch auf mindestens 120'000 Fr. an Kompensationszahlungen für erlittenes Leid, für nicht entschädigte Zwangsarbeit in Heimen und bei Bauern, für vernachlässigte Zahlungen an Vorsorgeeinrichtungen und für Therapiekosten. 
 
Diese Zahlungen stünden allen Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen zu und seien deshalb im “Giesskannenprinzip” auszuzahlen, unabhängig der Schwere der Folgeschäden an Körper und Seele und unabhängig des heutigen materiellen Zustands der Opfer*. Es genüge der Nachweis, dass durch aktives Mittun oder Wegschauen der Behörden, das Opfer bösartige Willkür erleiden musste und während Jahren, von Vater und/oder Mutter zwangs-getrennt, fremdplaziert und in unwürdiger Art und Weise  gehalten wurde.
 
Soweit gestern!
 
Dann kam die Wiedergtmachungsinitiative aufs Parkett! Und schwups reduzierte sich die  Forderung von 2013 um drei Viertel auf 500 Mio. Franken. Weit und breit kein Aufschrei und weit und breit keine Proteste. Im Gegenteil: Mit vereinten Opferkräften stemmte der Initiant und sein Komitee im Dezember 2014 die Unterschriften ins Bundehaus,  Zuversicht verströmend. Denn schliesslich, so der Initiant, unterstützten fast alle Parteien das Anliegen der Initiative.
 
Soweit so gut!
 
Doch als das Jahr 2015 seine ersten Schritte tat, wurde der Bundesrat aktiv, für helvetische Verhältnisse megaschnell aktiv. Er stellte der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber und halbierte die Summe! Und die Reaktionen? Keine bis Lob! Lob deshalb, weil man sich glücklich schätzte, dass nun auch der Bundesrat eine Entschädigung befürwortet, auch wenn diese Entschädigung Lichtjahre von der ursprünglichen Forderung von 2 Milliarden Franken  entfernt ist.
 
Man rechne: Im Zeitraum von 1 ½  Jahren ist die Forderung von Opferorganisationen und vielen Betroffenen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen um  85 % kleiner geworden, obwohl die politische Debatte in den Räten  noch gar nicht richtig Fahrt bekommen hat. 
 
Ich fürchte sehr, dass auch die verbliebenen 15 % = 250 – 300 Mio Fr. in den Mühlen des gesetzgebenden Prozesses nochmals zerkleinert und zerstückelt werden. 
Wenn dem so wäre, dann hätte der Berg der Hoffnung eine kleine Maus geboren.
 

 

* Eine Klarstellung: Ich persönlich erhebe keinen Anspruch auf Entschädigung! Ich bin aber mit meinen Opferkolleginnen und Opferkollegen solidarisch und kämpfe mit ihnen, damit sie eine angemessene Entschädigung erhalten für das Leid, das ihnen zugefügt wurde. Denn viele von ihnen leben noch immer in grosser Armut. Ich wünsche ihnen, dass sie wenigsten das Alter in Würde und ohne Existenzängste geniessen können.