Rede; gehalten an der Vernissage zur Ausstellung von Bildern und Skulpturen von Ruth und Nadja Lerch, in der Galerie Läubrüggli, in Langethal!

21.10.2012 18:00

 

Liebe Künstlerinnen

Liebe Kunstbeflissene Damen und Herren

Liebe Freunde

 

Zu dieser Rede bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde.

Denn von Kunst verstehe ich wenig bis gar nichts, auch wenn ich Kunst liebe. Dafür, dass ich Ruth und Nadja zugesagt habe, habe ich einen hohen Preis bezahlt. Einige schlaflose Nächte! Ich hoffe, man sieht es mir nicht an. Denn ich wurde gezwungen, mich zum Thema Kunst Gedanken zu machen, was mir großes Kopfzerbrechen bereitete.

Zu meinem Glück hat das Tagesanzeiger Magazin in der letzten Ausgabe mir ein paar Stichworte zur Frage, was ist Kunst?:

Puuuh! Wenn man wüßte was das ist, bräuchte man gar keine zu machen...

Oder,

Kunst ist, das Wort Kunst definieren zu können...

oder,

Kunst ist Alles oder Nichts...

oder,

Kunst ist der Raum der zwischen der Frage und der Antwort liegt...

oder,

Kunst ist das, was man selber als Kunst sieht...

oder,

frei nach Bundesrat Berset: Kunst ist für den Menschen Quelle des Vergnügens. Ohne Kunst gibt es keine Menschlichkeit, keine Zivilisation, kein gemeinschaftliches Leben.

Und dann habe ich noch eine eigene Definition was Kunst ist kreiert, und darüber bin ich ziemlich stolz:

Kunst ist, wenn jemand sagt, daß hätte ich auch können, es ihm aber nicht in den Sinn gekommen ist. Schön, was?

Ich mache ihnen ein konkretes Beispiel:

Ich habe ein Bild von mir mitgenommen, das Kunst ist, behaupte ich.

Sie sehen hier einen schwarzen Bogen und darunter einen Punkt. Das ist mein Bild! Nun werden sie sagen, wie banal, das hätte ich auch machen können. Eben! Aber es ist ihnen nicht in den Sinn gekommen. Und wenn ich dann diesem Bild noch einen Namen gebe, erhöht sich der Wert der Kunst ums zig-Fache:

Nennen wir dieses Bild „DAS ÜBERSPANNTE TÜPFI“, und schon steigert sich der Kunstwert dieses Bildes ins unermeßliche.

Und wenn es der Künstler dann noch vor Publikum eigenhändig signiert, Madonna! Wer von Ihnen hat so viel Kleingeld, es zu bezahlen?

Sie sehen, jede Frau und jeder Mann darf Kunst machen, jede Frau und jeder Mann darf sein schaffen Kunst nennen, doch nicht jede Frau und nicht jeder Mann hat die Begabung und die Kompetenz, hervorragende Kunst zu machen.

Nebst der Frage, was Kunst ist, stelle ich mir aber auch andere Fragen, und damit wende ich mich direkt an unsere beiden charmanten Künstlerinnen. Denn wegen ihnen haben wir ja den weiten Weg nach Langenthal unter die Räder genommen:

Ruth und Nadja: Macht Kunst Glücklich?

Wenn ich Euch beide so da stehen sehe, selbstbewußt, mit leuchtenden Augen, erwartungsfroh, was die Ausstellung bringen möge, so behaupte ich, JA! Kunst macht glücklich!

Ruth und Nadja: Macht Kunst Reich?

Ja, behaupte ich, auch wenn ihr mir nun widersprechen möchtet. Reich an Erfahrung, reich an Glück, reich an Vergnügen (siehe Berset). Kunst kann Licht in die eigene Gefühlswelt bringen und mich so bereichern. Ob Kunst dann auch noch im monetären Sinne reich macht, darüber wollen wir heute nicht spekulieren, zu groß ist die Freude und der Herztanz beim Anblick dieser Bilder und Skulpturen.

Hier stehen zwei begabte Künstlerinnen; Mutter und Tochter! Und da kommt mir unweigerlich der alte Spruch in den Sinn, der hier passend und auch selbstbewusst ausgerufen werden muss: Die Äpfelin fällt nicht weit von der Stämmin! Was die Mutter in Bildern ausdrückt, das gelingt der Tochter dreidimensional! Ich vermute, es war ein emanzipatorischer Akt von Nadja, sich dem Figurativen, dem Plastischen zuzuwenden, denn ich weiß, daß sie auch hervorragend malen kann. Eines ihrer Bilder hängt bei mir in der Stube. Der Kunst von Ruth bin ich vor drei Jahren im Kunsthaus Solothurn begegnet. Dort hing das Bild der vier Freundinnen. Ein ausdruckstarkes und farbenfrohes Gemälde daß uns sofort in den Bann nahm. Heute hängt es zur Freude aller ebenfalls bei uns zu Hause an der Wand. Und wie es sich für eine richtige Künstlerin und Mutter ihrer Bilderkinder gehört: Sie wollte eigenhändig nachschauen, wo ihr Bildkind fremdplaziert wurde.

Heute weihen wir eine Ausstellung von Bildern und Figuren ein, die viel Preis gibt über ihre Künstlerinnen. Nämlich Ihr liebender Blick auf die Menschen, ihre Präzise Beobachtung des menschlichen Daseins und ihre Leidenschaft, uns Menschen dieser Welt wieder zu geben in Bildern und Skulpturen. In ihren Werken erkennen wir uns, es sind Spiegel unserer selbst. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und ich wette, irgendwo in den Bildern von Ruth und in den Skulpturen von Nadja werden sie sich wieder finden!
Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen einen schönen Rundgang durch die Ausstellung.